Tropfen, Flecken und Buchstaben, grobe Pinselstriche und Splashes zeichnen Henning Strassburgers Gemälde aus. Auf den ersten Blick ähneln seine großformatigen Leinwände chaotischen Explosionen, offenbaren allerdings bei näherer Betrachtung ineinander gewundene Raster, bevölkert durch bewusst platzierte Bildelemente. Für die Unschuldigen II, seine zweite Einzelausstellung bei Contemporary Fine Arts, verfolgt Henning einen anderen Ansatz.
Da die Figuration für die Werkgattung des Porträts eine Bedingung zu sein scheint, mag diese Aufgabe für einen Maler, der sich der Erforschung des Potenzials abstrakter Malerei in der heutigen digitalen Kultur gewidmet hat, wie eine seltsame Wahl wirken. Doch wenn Hennings Freunde als Bodybuilder, Berlin-Stereotypen und angepisste Hip-Hopperinnen auf den Leinwänden erscheinen, wird die Vorstellung dieser Individuen, ihrer Autonomie und Authentizität ebenso abstrakt.
In diesen neuen Werken fallen die imaginären Grenzen zwischen dem Individuum als Komplex gesellschaftlicher Kräfte und seiner Bildwerdung innerhalb eines Kunstwerks. Wie John Berger in seinem Changing View of Man in Portrait bekanntermaßen formulierte, „bezieht sich jede Form von Individualität jetzt auf die ganze Welt“. Durch die Transformation seiner Freunde in Elemente seines Bilduniversums, erscheinen die Gesichter eher wie Bilder einer Zeit, denn als Bilder von Menschen.