Die Pumps sind falsch

About

Seit seinen künstlerischen Anfängen beschäftigt sich Baselitz mit seiner eigenen Person und Körperlichkeit in unterschiedlichen Graden der Abstraktion und Figuration. Vor allem in den letzten Jahren sind die Darstellungen seiner selbst – manchmal zusammen mit seiner Frau Elke – von der allgemeinen menschlichen Erfahrung des Körpers und seiner Vergänglichkeit beeinflusst. Und doch hat er sich mit keinem anderen Aspekt des Körpers so intensiv beschäftigt wie mit Händen und Füßen, mit letzteren bereits in den frühen sechziger Jahren mit der Werkgruppe P.D. Füße. In der Ausstellung Die Pumps sind falsch füllen Gemälde, Drucke und eine Skulptur dieser Körperteile den Raum der Basler CFA und verleihen ihnen einen Hauch von Absurdität.

In der ständigen Befragung seiner Rolle als Künstler und Schöpfer seiner einzigartigen künstlerischen Methoden und Techniken, ist es kein Wunder, dass die Hände für Baselitz eine so wichtige Rolle spielen. Mit ihnen nehmen wir Kontakt zur Welt auf und schließlich sind sie das wichtigste Werkzeug eines Malers. Unter Künstlern besteht wiederum auch Einigkeit darüber, dass die Darstellung von Händen eine der größten künstlerischen Herausforderungen darstellt. Die Ausführung von Werken wie Dürers Betende Hände, der Hand der Dame mit dem Hermelin von Leonardo und der Hand Gottes in Michelangelos Erschaffung Adams wird oft als Maßstab für künstlerische Genialität angesehen.

Baselitz scheint zunächst den umgekehrten Weg zu gehen, möglichst weit weg von der naturgetreuen Darstellung. In einem abstrakteren Sinne fungiert die Hand des Künstlers als eindeutige Signatur und Verkörperung seines einzigartigen Stils, ein Merkmal, das ihn von anderen unterscheidet und identifizierbar macht. Auf einer konkreteren Ebene ist die Hand des Künstlers während des Malens ständig präsent, ein unvermeidlicher und stets sichtbarer Aspekt des kreativen Prozesses. Aber auch als nutzlose, vom Körper losgelöste Elemente bestechen sie bei Baselitz durch ihre Vitalität. Während selbst de Kooning gelegentlich Studien seiner eigenen Hand skizzierte, scheint Baselitz in seinem Werk De Koonings Hand auf die erstere Option zu verweisen und die symbolische Bedeutung der Hand zu betonen.

In einer Zeit der Koexistenz von Figuration und Abstraktion scheint Baselitz’ Herausforderung darin zu bestehen, inwieweit er diese grundlegenden Körperteile in ihrem eigentlichen Wesen oder als symbolische Embleme darstellen kann – gerade erkennbar genug, um nicht fälschlicherweise als Abstraktionen verkannt zu werden. Laut dem Künstler stellen sie nichts anderes als sich selbst dar und sind genau darin auch Symbole von Identität. 

Und dennoch, merkt der Künstler an, sind seine Handdarstellungen zunehmend mit Zitaten anderer Künstler versehen, auch wenn sich diese dem Betrachter nicht notwendig erschließen. Eine wichtige Inspiration in vielerlei Hinsicht war Otto Dix’ Portrait meiner Eltern (1924). Nicht nur die knorrigen, auf den Knien ruhende Hände von Dix Eltern auf dem Sofa, auch das Doppelportrait als Ganzes diente immer wieder als Vorlage – auch für Baselitz’ Portrait seiner eigenen Eltern. Das Fehlen der Füße in diesem Bild inspirierte den Künstler zu zahlreichen Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken mit Füßen. Auch Edward Munch, dessen Füße auf dem berühmten Portraitfoto in seinem Atelier in Ekely nicht sichtbar sind, wurden von Baselitz zahlreiche Füße gewidmet. Dabei gönnt der Künstler den so wichtigen Gliedmaßen hin und wieder auch Schuhwerk, in Die Pumps sind falsch namentlich hochhakiges. 

In diesem Bild sind die beschuhten und bestrumpften Beine in einer immerwährenden Kreisbewegung um sich selbst begriffen, nicht nur um Bewegung nachzuempfinden, sondern um sie gewissermaßen ad absurdum zu führen. Der Ausspruch, die über die feinen Nylonstrümpfe gemalten Pumps seien falsch, lässt sowohl auf die malerische Ebene schließen als auch der grundsätzlichen Frage, ob ein Pump jemals richtig sein kann. Wurden Füße gemacht, um in Pumps gesteckt zu werden? Gibt es so etwas wie einen richtigen Fuß, einen Barfuß überhaupt noch? Baselitz scheint das nicht so zu sehen – der Absatz ist bereits ein Teil des Fußskeletts geworden. Falsch oder nicht, das spielt keine Rolle.

Konterkariert wird in der kreisenden Dynamik auf dem Bild aber auch ein früherer Ausspruch des Künstlers selbst „Ich habe eine Philosophie daraus gemacht, dass mein Kontakt nicht nach oben in den Himmel geht. Im christlichen Europa ist das der einzige Kontakt. Von dem nach unten – zur Hölle – fürchtet man sich. Mein Kontakt geht nach unten. Ich bin ein nordalpiner Mensch, um nicht zu sagen ein Germane.“ 

CFA freut sich die dritte Ausstellung in ihren Basler Galerieräumen mit einer Einzelausstellung zu Georg Baselitz rund um seinen 86. Geburtstag (23. Januar 2024) begehen zu dürfen. Es ist dies die achte Einzelausstellung, die die Galerie dem Werk des Künstlers widmet.


Since his artistic beginnings, Baselitz has concerned himself with his own person and physicality, in diverging degrees of abstraction and figuration. Notably, in recent years, the depictions of himself—sometimes alongside his wife, Elke—are influenced by the broader human experience of the body and its ephemeral nature. And yet, he has focused on no other aspect of the body more intensely than hands and feet, the latter beginning with the series of works titled P.D. Füße already in 1960. In the exhibition Die Pumps sind falsch, paintings, prints and sculptures of these body parts fill the space of CFA Basel, lending them an air of absurdity.

Persistently questioning his role as an artist and the creator of his unique artistic methods and techniques, it is no wonder that hands play such a vital role for Baselitz. After all, they are our contact to the world, as well as a painter’s most important tool. Artists widely agree that representing hands presents one of the most daunting artistic challenges. The execution of works such as Dürer’s Praying Hands, the hand of The Lady with an Ermine by Leonardo, and the hand of God in Michelangelo’s Creation of Adam has often been regarded as a benchmark of artistic genius.

Baselitz initially seems to take the opposite approach, moving as far away as possible from realistic depiction. In a more abstract sense, the hand of the artist functions as a distinct signature and embodiment of their unique style, a characteristic that sets them apart and makes them identifiable. On a more concrete level, the artist’s own hand is a constant presence before them during the act of painting, an unavoidable and ever-visible aspect of their creative process. But even as useless elements detached from the body, they captivate Baselitz with their vitality. While even de Kooning occasionally sketched studies of his own hand, Baselitz, in his work De Koonings Hand, appears to reference the former option, emphasizing the hand’s symbolic significance.

In an era marked by the coexistence of figurative and abstract art, his challenge appears to be centered on the degree to which he can portray these fundamental body parts in their intrinsic essence or as symbolic emblems—just recognizable enough to avoid being mistakenly dismissed as mere abstractions. According to Baselitz, they represent nothing but themselves and are equally symbols of identity, like hands in early cave paintings or the fingerprint in a passport.

And yet, the artist notes, his depictions of hands are increasingly accompanied by quotations from other artists, even if these are not immediately apparent to the viewer. Otto Dix’s Portrait of My Parents (1924) holds particular significance in various aspects. Its importance isn’t limited to the gnarled hands of Dix’s parents, resting on their knees on the sofa, but also extends to the overall composition of the double portrait, which repeatedly served as a template for Baselitz’s portrayal of his own parents.

It was the omission of feet in this particular painting that served as inspiration for the artist to produce numerous paintings, drawings, and prints featuring feet. Edward Munch, whose feet are not visible in the famous portrait photo in his studio in Ekely, was also devoted numerous feet by Baselitz, as if to make up for their absence in the photo. At the same time, the artist also occasionally treats the all-important limbs with footwear, as is with the high-heeled shoes in Die Pumps sind falsch.

In Die Pumps sind falsch, the shoe-clad legs turn around themselves in a circular motion, not only to imitate movement, but to take it ad absurdum, so to speak. The statement suggests both the painterly level and the fundamental question of whether a pump can ever be right. Were feet made be put in pumps? Is there such a thing as a bare foot anymore? Baselitz doesn’t seem to think so—the heel has become a part of the foot skeleton. Wrong or not, it doesn’t matter.

However, the circling dynamics in the picture also counteract an earlier statement by the artist himself: “I have made a philosophy out of the fact that my contact does not go upwards into the sky. In Christian Europe, that is the only contact. The downward contact—to hell—is feared. My contact goes downwards. I am a northern Alpine person, not to say a Germanic one.”

CFA is pleased to celebrate the third exhibition in its Basel gallery space with a solo exhibition on Georg Baselitz around his 86th birthday (January 23, 2024). This is the eighth solo exhibition that the gallery has dedicated to the artist’s work.


Depuis ses débuts artistiques, Baselitz s’est intéressé à sa propre personne et à sa physicalité, avec des degrés variables d’abstraction et de figuration. Récemment, les représentations de lui-même, parfois aux côtés de sa femme Elke, sont influencées par l’expérience humaine plus large du corps et de sa nature éphémère. Et pourtant, il s’est concentré plus intensément sur aucune autre partie du corps que sur les mains et les pieds, cette dernière commençant avec la série d’œuvres intitulée P.D. Füße dès 1960. Dans l’exposition Die Pumps sind falsch, peintures, estampes et sculptures de ces parties du corps remplissent l’espace de CFA Basel, leur conférant un air d’absurdité. 

Interrogeant continuellement son rôle d’artiste avec ses méthodes et techniques artistiques uniques, il n’est pas étonnant que les mains jouent un rôle si important pour Baselitz. Après tout, elles sont notre contact avec le monde, ainsi que l’outil le plus important d’un peintre. Les artistes s’accordent largement à dire que représenter les mains présente l’un des défis artistiques les plus redoutables. L’exécution d’œuvres telles que les Mains en Prière de Dürer, la main de La Dame à l’Hermine de Léonard, et la main de Dieu dans la Création d’Adam de Michel-Ange a souvent été considérée comme une référence du génie artistique.

Baselitz semble initialement prendre l’approche opposée, s’éloignant autant que possible de la représentation réaliste. Dans un sens plus abstrait, la main de l’artiste fonctionne comme une signature distincte et l’incarnation de leur style unique, une caractéristique qui les distingue et les rend identifiables. Sur un plan plus concret, la propre main de l’artiste est une présence constante devant eux pendant l’acte de peindre, un aspect inévitable et toujours visible de leur processus créatif. Mais même en tant qu’éléments inutiles détachés du corps, elles captivent Baselitz par leur vitalité. Alors que même de Kooning a parfois esquissé des études de sa propre main, Baselitz, dans son œuvre De Koonings Hand, semble faire référence à la première option, soulignant la signification symbolique de la main.

Dans une ère marquée par la coexistence de l’art figuratif et abstrait, son défi semble être centré sur le degré auquel il peut représenter ces parties fondamentales du corps dans leur essence intrinsèque ou comme emblèmes symboliques, juste assez reconnaissables pour éviter d’être erronément, rejetées comme de simples abstractions. Selon Baselitz, elles ne représentent rien d’autre qu’elles-mêmes et sont également des symboles d’identité, comme les mains dans les peintures rupestres anciennes ou l’empreinte digitale dans un passeport.

Et pourtant, l’artiste note que ses représentations de mains sont de plus en plus accompagnées de citations d’autres artistes, même si celles-ci ne sont pas immédiatement apparentes au spectateur. Le Portrait des Parents (1924) d’Otto Dix revêt une importance particulière à divers égards. Son importance ne se limite pas aux mains noueuses des parents de Dix, reposant sur leurs genoux sur le canapé, mais s’étend également à la composition globale du double portrait, qui a servi à plusieurs reprises de modèle pour la représentation par Baselitz de ses propres parents.

C’est l’omission des pieds dans ce tableau particulier qui a servi d’inspiration à l’artiste pour produire de nombreuses peintures, dessins et estampes représentant des pieds. Edward Munch, dont les pieds ne sont pas visibles sur la célèbre photo de portrait dans son studio à Ekely, a également été dédié de nombreux pieds par Baselitz, comme pour compenser leur absence sur la photo. En même temps, l’artiste traite également occasionnellement les membres tout importants avec des chaussures, comme avec les chaussures à talons hauts dans Die Pumps sind falsch.

Dans Die Pumps sind falsch, les jambes chaussées de chaussures tournent sur elles-mêmes en mouvement circulaire, non seulement pour imiter le mouvement, mais pour le pousser ad absurdum, pour ainsi dire. L’énoncé suggère à la fois le niveau pictural et la question fondamentale de savoir si une pompe peut jamais être correcte. Les pieds ont-ils été faits pour être mis dans des pompes ? Existe-t-il encore une chose telle qu’un pied nu? Baselitz ne semble pas le penser, le talon est devenu une partie du squelette du pied. Faux ou pas, cela n’a pas d’importance.

Pourtant, la dynamique circulaire de l’image contredit également une déclaration antérieure de l’artiste lui-même: « J’ai fait une philosophie du fait que mon contact ne va pas vers le haut dans le ciel. Dans l’Europe chrétienne, c’est le seul contact. Le contact vers le bas, vers l’enfer, est craint. Mon contact va vers le bas. Je suis un homme des Alpes du Nord, pour ne pas dire un Germain ».

CFA a le plaisir de célébrer la troisième exposition dans sa galerie bâloise avec une exposition solo consacrée à Georg Baselitz autour de son 86e anniversaire (23 janvier 2024). Il s’agit de la huitième exposition que la galerie consacre à l’œuvre de l’artiste.

Works

Installation images

Documents

News

Publications

Enquiry