In Ausstellungen wird normalerweise nichts dem Zufall überlassen und doch leben Ausstellungen und vor allen deren Inhalte vom Zufall. Künstler:innen und Kurator:innen können noch so lange geplant haben, konstruiert haben, der Moment des Zusammenstellens bleibt ein ungefährer. Ebenso ist es in der Malerei. „Reisen ins Unbekannte“ nannte Havekost das Malen seiner Bilder. Man sieht ihnen das Rauschen und Knistern an, staunt über bildgewordene Glitcheffekte. Es ist eine Reise von der Kontrolle ins Ungewisse, auch wenn man es dem Bildträger am Ende gar nicht ansieht.
Manche der „realistischen“ Gemälde von Havekost, also jenen die im Allgemeinen wohl „abstrakt“ genannt werden, erscheinen rätselhaft, kühl, mitunter sogar spröde. Sie spiegeln eine eigene Form von Existenz – so, wie vielleicht die Nahaufnahme einer Petrischale mit Millionen von Mikroorganismen. Eine sehr vertraute, wie zugleich fremde Form einer Kolonie. Das Realistische bildet den Nährboden für das Reproduktive. Der Maler scheint selbst eine gewisse Freude dabei zu haben, sich von den eigenen Bildern überraschen zu lassen. „Kunst ist Konstruktion und Rekonstruktion von Realität.“ Für Havekost sind Bilder „ein Instrument, um Komplexität sichtbar zu machen“.
Darin liegt auch der Grund für ihre Unterschiedlichkeit. „Wenn sich die Autorenschaft auflöst, dann ist das mit einem Glücksgefühl verbunden.“ Diese Sehnsucht nach Auflösung erscheint jedoch wie ein klassischer Zirkelschluss. Denn das Anfechten von Autorenschaft bekräftigt diese indirekt. „Malerei – das ist nicht mehr als das Verteilen von Farbe auf der Oberfläche.“, sagt Havekost. Vielleicht ist es den Bildern tatsächlich egal, wer sie gemalt hat. Doch je heftiger der Maler gegen eine eindimensionale Wiederkennbarkeit in seinem Werk arbeitet, desto mehr verhärtet sich eben jene Handschrift der Verweigerung womöglich auf einer anderen ästhetischen Ebene.
„Zufall“ ist die erste Schweizer Einzelausstellung des Dresdner Malers seit seiner Ausstellung im Kunstmuseum Luzern 1998. 26 Jahre später, freut sich CFA ihre Räumlichkeiten im Totengässlein mit Werken Havekosts aus den Jahren 2017 – 2019 bespielen zu dürfen. 1998 noch, tönte Ulrick Loock, der damalige Direktor, dass wohl weniger als fünf Schweizer den Künstler kennen würden. Das ist heute anders und wir freuen uns, diese Ausstellung in der Schweiz realisieren zu dürfen.
Textausschnitte Kito Nedo
Zufall – “Chance”
In exhibitions, nothing is usually left to chance and yet exhibitions and, above all, their content live from chance. No matter how long artists and curators may have planned and constructed, the moment of composition remains an approximation. It is the same in painting. Havekost called painting a “journey into the unknown”. You can see the rustling and crackling in them, marvel at the glitter effects that have become images. It is a journey from control into the unknown, even if you can’t see it in the end. So is the exhibition “Zufall” – chance.
Some of Havekost’s “realistic” paintings, i.e. those that are generally referred to as “abstract”, appear enigmatic, cool, sometimes even brittle. They reflect their own form of existence – like perhaps the close-up of a petri dish with millions of microorganisms. A very familiar, yet at the same time alien form of a colony. The realistic forms the breeding ground for the reproductive. The painter himself seems to take a certain pleasure in being surprised by his own pictures. “Art is the construction and reconstruction of reality.” For Havekost, images are “an instrument for making complexity visible”.
This is also the reason for their diversity. “When authorship dissolves, it is associated with a feeling of happiness.” However, this longing for dissolution seems like a classic circular argument. Because contesting authorship indirectly reinforces it. “Painting – that’s nothing more than spreading paint on the surface,” says Havekost. Perhaps the paintings really don’t care who painted them. But the more vehemently the painter works against one-dimensional recognizability in his work, the more this very signature of refusal hardens, possibly on a different aesthetic level.
“Zufall” is the Dresden painter’s first solo exhibition in Switzerland since his show at the Kunstmuseum Luzern in 1998. 26 years later, CFA is delighted to present works by Havekost from 2017 – 2019 on its premises in Totengässlein. Back in 1998, Ulrick Loock, the director at the time, said that fewer than five Swiss people knew the artist. Things are different today and we are delighted to be able to realize this exhibition in Switzerland.
Text excerpts by Kito Nedo