TITTIPUSSIDAD

About

Contemporary Fine Arts freut sich, die Publikation TITTIPUSSIDAD präsentieren zu dürfen – ein Buch, das Sarah Lucas’ Odyssee nach Mexiko im Frühjahr 2012 dokumentiert und von Sadie Coles HQ publiziert wurde. Das Buch wurde konzipiert, gestaltet und herausgegeben von Julian Simmons.  

TITTIPUSSIDAD zeichnet in enzyklopädischer Größe und Umfang Lucas’ Zeit in Mexiko nach, angefangen von ihrer Reise zur Backsteinfabrik im Tal von Oaxaca (um Backsteine für Sockel zu beziehen) über die Anfertigung und Herstellung der Skulpturen bis hin zur finalen Ausstellung im Museum Diego Rivera Anahuacalli. Die Ausstellung zeigt eine bedeutenden Entwicklungsschritt in der Kunst von Sarah Lucas, da ihre „NUD Skulpturen“ – ausgestopfte Strumpfhosen, die zu abstrakten Verrenkungen verdreht wurden – zu verspielten und zugleich perversen anthropomorphen Figuren macht.


Durch die Kombination aus Ausstellungskatalog, Tagebuch, fotografischem Essay and Epos offenbart
TITTIPUSSIDAD einen lebhaften und nostalgischen Reisebericht nach Mexiko. Simmons hat durch die Verknüpfung von Farb- und Schwarz-Weiß-Fotografien eine einzigartige Studie geschaffen, die zeigt wie Lucas‘ Leben ihre Kunst inspiriert und formt. Jedes Kapitel konzentriert sich jeweils in einer Schwarz-Weiß-Großaufnahme in dramatischem „Claire Obscure“ auf eine einzelne Arbeit, durchsetzt mit Ansichten mexikanischer Straßen, Bars und Häusern. Die Bilder erkunden die verschiedenen Figuren – kauernd und ausgestreckt, mit brustähnlichen Gliedmaßen und knolligen Extremitäten – mit einer beinah pornografischen Intensität, die die Beschaffenheit ihrer Oberfläche sowie ihre unterschiedlich festen und erschlafften Strukturen untersucht.

Das Buch bietet außerdem eine Reihe von Gesprächen mit Freunden von Sarah Lucas, die miteinander verknüpft wurden, um einen offenen und vertrauten Dialog mit der Künstlerin über die Entstehung der Serie zu schaffen.  Der Klang und die Typografie der Wörter verlagern sich und führen uns von poetischen Träumereien hin zu Erklärungen der Werke und ihrer Titel. Vom Prolog, der aus Dadaistischen Wordspielen mit Lucas‘ Titeln besteht, bis hin zu den eklektizistisch anmutenden Bildern der Installation im Museum Diego Rivera liefert
TITTIPUSSIDAD einen emotionalen Bericht über einen zentralen Schlüsselmoment im Leben und Werk der Künstlerin.



REALIDAD | 69 Minuten

Ostern 2012, ständige Bedrohung schwerer Nachbeben.

Wir fliegen Mexiko-City an, an dem Tag, nachdem ein schweres Erdbeben mit der Stärke 8 Mexiko erschüttert hat – entstanden auf der Erdbebengrenze in Oaxaca, unserem nächsten Reiseziel. Eigentlich dachten wir schon vor der Abreise in England „Scheiße, sollen wir fahren!!“.

Der Film REALIDAD wurde parallel zu meiner Fotodokumentation der Skulpturenserien und Zigaretten-Zeichnungen von Sarah Lucas für eine Ausstellung aufgenommen, die zwischen prähispanischen Artefakten von Anahuacalli aufgebaut werden sollte, im Museum Diego Rivera in Mexiko-City.

Einen Monat, bevor die Ausstellung eröffnet wurde, kamen wir in Oaxaca an. Wir mussten einen Ort finden, an dem wir leben und arbeiten, die Materialien zusammensammeln und die Werke machen konnten – wie auch immer diese aussehen sollten, wir hatten keinen Plan.

Tagsüber half ich bei der Herstellung der Skulpturen und Test-Sockel und fotografierte hauptsächlich die Skulpturen, wenn sie fertig waren. Aus dieser fotografischen Dokumentation entstand 2013 das Buch TITTIPUSSIDAD.

In Oaxaca wurden Sarahs NUD Skulpturen plötzlich wirklich anthromorph. Nach der ersten dieser Art, REALIDAD, wurde auch der Film benannt.

Die Meditationen für diese Skulpturen waren die Objekte, die wir in Anahuacalli gesehen hatten, die aktive, umgestaltete Zutat dafür war Mezcal. Am Anfang des Films wird Tit-Teddy vorgestellt, als hätte er eine Hauptrolle – die er auch hat; am Ende des Films hat Mezcal im Abspann aber die größte Nennung. Dieser destillierte Agaven-Brandwein war das Benzin für viele der Werke. Mezcal ist beinah halluzinogen, sicherlich psychotrop bis zu einem gewissen Grad, die mysteriöse Bedeutung des Kaktus wird durch ihn übertragen – die Mexikaner sprechen über Mezcal wie über eine Person.

In unser Haus, in dem wir arbeiteten – wegen der starken Hitze auch manchmal nackt – kamen jeden Tag immer mehr Freunde dazu. Abends gingen wir immer mit vom Vulkangestein geschwärzten Füßen runter nach Oaxaca, wo es verrücktes Feuerwerk gab, in ein Restaurant, auf eine Party oder in die nächste Mezcal-Bar. Nach den Aufnahmen, die ich tagsüber machte, waren es die düsteren, wenig belichteten, lauten Umgebungen, in denen ich den Großteil des Films aufnahm.

Dies ist auch ein Film über eine „andere Seite“, gewissermaßen eine von Sarahs größten Vorzügen – in geistreichen Momenten einfach befreit zu sprechen und so wiederum den Geist der anderen, die sich in ihrer Gesellschaft befinden, zu ermutigen.

Ich habe absichtlich nur ein paar Fotos von Sarah aufgenommen, als sie die Skulpturen gemacht hat – ich wollte nicht, dass meine Beobachtungen sie von ihrem Gedankenprozess ablenken, so dass die Skulpturen anders aussähen als sie das normalerweise getan hätten. Dasselbe gilt für die Aufnahmen dieses Films. Es gibt nur wenige Momente von Sarah, wenn sie arbeitet. In jedem Fall liegt der anregendste Schöpfungsnachweis eher in der Herausbildung von Ideen durch Gespräche als durch eine gedankliche Ruhe im Kopf.

Es gibt einen Film im Film hier. Während wir nicht wussten, was uns erwartete, als wir in die Backsteinfabrik im Oaxaca-Tal hineingingen, kam etwas von anthropologischer Bedeutung zum Vorschein. Männer fertigten Gebäudeblocks ganzer Häuser aus Schlamm an – Bodenfliesen, Mauersteine, Deckenplatten, Dachziegel und vieles mehr. Die Szene sah wie vor hundert, wenn nicht tausend Jahren aus. Das Filmmaterial ist nicht nur wertvoll wegen seiner lehrreichen Eindrücke, sondern auch als Protokoll einer Art und Weise zu arbeiten, die möglicherweise keine weitere Generation mehr überdauert, vielleicht noch eine halbe.

Einen Tag vor unserer Abreise fing der nahegelegene Vulkan Popcatepetl an heftig zu rauchen, Dörfer wurden evakuiert, der Flughafen war in Alarmbereitschaft, dieser Ort war vom Anfang bis zum Ende eine Hölle eines bizarren Energiezentrums.

REALIDAD zusammen mit TITTIPUSSIDAD ist eine seltene Kombination aus Film und Buch, die eine intensive Zeit beschreibt, in Sarahs Werk wie auch ihrem Leben!

Julian Simmons | Suffolk UK | 5. Juni 2014




 

Contemporary Fine Arts is pleased to announce the publication of TITTIPUSSIDAD, a new book documenting Sarah Lucas’s odyssey to Mexico in the spring of 2012 and published by Sadie Coles HQ. The book has been conceived, designed and edited by Julian Simmons. Encyclopaedic in size and scope, TITTIPUSSIDAD traces Lucas’s time in Mexico from a trip to a brick factory in the Valley of Oaxaca (to source bricks to make plinths), to the creation of the sculptures, to their final exhibition at the Museo Diego Rivera Anahuacalli. This exhibition marked a significant development in Lucas’s art, as her NUD sculptures – stuffed tights twisted into abstract contortions – developed into playful and perverse anthropomorphic characters.

Combining the genres of exhibition catalogue, diary, photographic essay and epic poem, TITTIPUSSIDAD unfolds a vivid and nostalgic account of the trip to Mexico. Interweaving colour and black-and-white photographs, Simmons has produced an unparalleled study into the way in which Lucas’s life informs and shapes her art. Each chapter focuses on a separate work in a sequence of close-up black-and-white shots in dramatic chiaroscuro, interspersed with images from Mexican streets, bars and houses. The images explore the different figures – huddling or sprawling, with breast- like appendages and bulbous limbs – with an almost pornographic intensity, scrutinising their surface textures and their variously firm and flaccid structures.

The book features a series of conversations with Lucas’s friends – interwoven to create a revealing and intimate dialogue with the artist about the making of the series. The tone and typography of the words shift, taking us from poetic musings to explanations of the works and their titles. From the prologue, which offers an account of the Dadaesque wordplay of Lucas’s titles, to the ecclesiastical-style images of the installation at the Museo Diego Rivera, TITTIPUSSIDAD provides an emotive account of a pivotal moment in the artist’s life and career.

 

REALIDAD | 69 minutes

Easter 2012, continuous threats of serious aftershocks.

We fly into Mexico-City the day after a massive magnitude-8 earthquake hit Mexico – originating on a fault-line in Oaxaca, our next destination. In fact before we left England we were thinking “shit should we go!!”

The film REALIDAD was taken alongside my photographic documentation of a series of sculptures and cigarette-drawings made by Sarah Lucas, for an exhibition to be installed among the pre-hispanic artefacts of Anahuacalli – the Museo Diego Rivera in Mexico City. 

We arrived in Oaxaca a month before the show was to open. We needed to find a place to live and work, gather the raw materials, and make the works – whatever they might be, there was no plan.

In the day I was assisting in making the sculptures, test plinths, and mainly photographing the sculptures as they were completed.  This photographic evidence in 2013 became the book TITTIPUSSIDAD.

Oaxaca is where Sarah’s NUD sculptures suddenly became truly anthropomorphic. The first of these, REALIDAD, also became the name for this film.

The meditation for these sculptures, were the objects we had seen in Anahuacalli, the active transformative ingredient, was Mezcal. At the start of this film, Tit-Teddy is credited as having a starring role – which he does, at the end of the film the largest credit goes to Mezcal. This distilled agave spirit, fuelled many of the works; Mezcal is almost hallucinogenic, certainly psychotropic to an extent, the mysterious cactus intent is transferred by it – Mexicans speak of Mezcal as a person.

Each day our house in which we worked – sometimes naked due to intense heat, would slowly accrue a bunch of friends. In the evenings we would walk with feet black from volcanic dust, down into Oaxaca crazy with fireworks, to a restaurant, a party, or the local Mezcal bar.  With the day’s photography done, these were the gritty, low-light, noisy environments in which I captured most of this film.

This is a record of ‘the other side’, of in a way, one of Sarah’s great assets – to speak freely with moments of genius, and so to likewise encourage the spirit of others in her company.

I intentionally took only a few photographs of Sarah making the sculptures – I didn’t want my observation to affect her thought process, or so for the sculptures to look different than they might have otherwise.  The same is true of shooting this film, there are only a few instances here of Sarah sculpting. In any-case most of the stimulating evidence of creation is in the formation of ideas through conversations, rather than the silence of thoughts in the head when making. 

There is a film within a film here. Not knowing what to expect as we entered a ‘brick factory’ in the Oaxaca valley, there emerged something anthropological in its importance. Men crafting mud into the building blocks of whole houses – floor tiles, wall bricks, ceiling slabs, roof tiles, and more, the scene looked 100’s if not 1000’s of years old. The footage is valuable not only in its instructional impression, but also as a record of a way of practice that possibly will not last another generation, or even half a generation.

A few days before our departure the nearby volcanoPopocatepetl started chuffing heavily, villages were evacuated, the airport was on high alert, this place from start to finish had been one hell of a weird hub of energy.

REALIDAD along with TITTIPUSSIDAD is a rare combination of film and book that describes an intense period of Sarah Lucas, at work, and at life!

Julian Simmons | Suffolk UK | 5 June 2014


 

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