Am 5. Juli 2019 verstarb Eberhard Havekost völlig unerwartet und viel zu früh im Alter von 51 Jahren.
In Erinnerung an den Künstler war es Contemporary Fine Arts kurzfristig möglich die Werke seiner letzten Ausstellung vom Mai diesen Jahres zusammenzutragen.
„In Memoriam“ soll Freunden und Weggefährten die Möglichkeit geben, von Eberhard Havekost Abschied zu nehmen.
Ausdrücklich möchten wir drauf hinweisen, dass es sich hierbei um keine Verkaufsausstellung handelt.
Im stillen Gedenken,
Contemporary Fine Arts
On July 5, 2019, Eberhard Havekost passed away unexpectedly and far too soon at the age of 51.
Accordingly, Contemporary Fine Arts has decided to re-hang his exhibition from May this year as an occasion to recognize the artist.
We would like to give all of his friends and colleagues a chance to spend time with his final works again as we say goodbye.
We underscore that this is not a commercial exhibition.
Rest in peace,
Contemporary Fine Arts
Eberhard Havekost
12. Oktober 1967 – 5. Juli 2019
Maximale Konzentration war eine der Grundvoraussetzungen für die Malerei von Eberhard Havekost. Um diese zu erreichen, strukturierte er seinen ganzen Alltag um die eigene Kunstproduktion herum, um möglichst viel Zeit und Raum für Kunst zu schaffen. Doch in dieser absoluten Vorrangstellung der Kunst lag für den Künstler auch ein großer Luxus. Denn Havekost wusste, dass die Entstehung seines Werks paradoxerweise eben auch den Bruch mit jener strengen Produktionslogik, einen „Moment jenseits von Kontrolle und Optimierungszwang” bedurfte. Deshalb lehnte er etwa auch die Hilfe von Assistenten ab. Im Bewusstsein dieser produktiven Widersprüchlichkeiten schuf er ein malerisches Werk, in welchem er vermeintlich gegenläufige Momente der visuellen Gegenwartskultur scheinbar mühelos zur Synthese brachte. Oft wurden diese Bilder vom Publikum mit ihren ubiquitären und teilweise verzerrten Motiven wie Wohnwagen, billigmoderne Fassaden, Segelflugzeugrümpfen, Bäumen, approprierten Zeitungsfotos oder populärwissenschaftlichen Buchillustrationen als kühler, distanzierter Zugriff auf die Jetztzeit gelesen. Je direkter sie die hässliche oder gewöhnliche Gegenwart in ihrem Innersten trafen, desto mehr fröstelte man bei ihrer Betrachtung. In Havekosts Werk wurde das Abstrakte und Unspezifische von Nicht-Orten und Alltagsdingen unheimlich plastisch. Und umgekehrt wurde das vermeintlich Eindeutige am Alltäglichen ganz abstrakt. Wohl nicht zuletzt deshalb lehnte der Maler die alte Unterscheidung zwischen „gegenständlich” und „abstrakt” als überflüssige Beschreibungskategorien für sein Werk ab.
Eberhard Havekost wurde 1967 in Dresden als Sohn eines Bildhauers und einer Taxidermistin geboren. Als Schüler der berühmten Dresdner Kreuzschule sang er bis zum Stimmbruch im Kreuzchor und nahm an internationalen Konzertreisen teil. Nach dem Abitur absolvierte er Mitte der Achtziger eine Ausbildung zum Steinmetz. Noch vor dem Mauerfall floh Havekost 1989 aus der DDR über Budapest in die Bundesrepublik. Von 1991 bis 1996 studierte er an der Dresdner Hochschule für Bildende Künste Malerei – zuletzt als Meisterschüler von Ralf Kerbach. 1995 hatte er seine erste Einzelausstellung in der Galerie Gebr. Lehmann in Dresden. Mitte der Neunziger brachte ihn ein Stipendium nach Frankfurt, wo er in die Clubszene eintauchte. Später folgte dann der Umzug nach Berlin, wo er bis zuletzt lebte und arbeitete. 2010 wurde Havekost schließlich als Professor für Malerei an die Düsseldorfer Kunstakademie berufen. Seine Bilder wurden in wichtigen deutschen und internationalen Institutionen präsentiert und sind in zahlreichen institutionellen und privaten Sammlungen vertreten, darunter dem Städel Museum Frankfurt, dem New Yorker Museum of Modern Art und der Tate Modern in London.
Die Malerei hat Havekost selbst als additiven Prozess gegen das Ausschnitthafte der Photographie gesetzt und als Form der Hybridisierung beschrieben. Seine Idee von Malerei glich einem „Rhythmusangebot” in dem die Auflösung des Rhythmusgefüges selbst transparent würde: „Die Malerei erzeugt einen Rhythmus durch ihre Selbstreferentialität. Sie führt eine Abstraktion ein, nämlich die Reduktion zugunsten des Gesamtbildes. In der Malerei muss alles definiert werden. So muss ein in der Photographie undefinierter Raum in der Malerei wieder definiert werden. Information ist eine Umwandlung von Realität oder eine Strukturierung von Realität. Eine Information als Bild hat immer einen Systemanschluss. Ich bin nicht der Meinung, dass es Einzelbilder gibt. Man kann von einem Einzelbild immer auf ein System schließen.” Bilder hatten dann für Havekost Relevanz, wenn sie ein „Restgeheimnis” transportierten. Das Sujet, das Motiv des Bildes müsse – so der Maler in einem Interview – „etwas Unbekanntes mitliefern, eine Aufladung, die ich gedanklich nicht auflösen kann”. Das Bildermachen war vielleicht auch ein Weg, sich der Rätselhaftigkeit der Gegenwart zu nähern ohne sie letztendlich zu entschlüsseln. Das Unsagbare wurde dennoch sichtbar.
Eberhard Havekost ist am 5. Juli völlig unerwartet im Alter von 51 Jahren in Berlin gestorben.
Eberhard Havekost
12 October 1967 – 5 July 2019
Maximum concentration was one of Eberhard Havekost’s basic requirements for painting. To achieve this, he structured his everyday life entirely around his own art production in order to create as much time and space for art as possible. This absolute primacy of art was a great luxury for him. Havekost knew that creating his work, paradoxically, also required a break with the very logic of production: a “moment beyond control and optimization.” This is also why he never worked with assistants. Conscious of these productive contradictions, his painterly practice seemed to effortlessly synthesize the antogonisms of contemporary visual culture itself. His images were often read by the public as cool, distant access points to the present through recurrent and sometimes distorted motifs such as caravans, cheap modernist facades, glider hulls, trees, appropriated newspaper photos or popular science book illustrations. The more they cut to the core of an ugly or banal present, the more chilling the effect of their contemplation. In Havekost‘s work, the abstract and non-specific quality of non-places and everyday things becomes strangely tangible. Conversely, the supposed uniqueness of everyday things becomes abstract. In part because of this dynamic, the painter rejected the old distinction between ”figurative“ and ”abstract“ as superfluous categories.
Eberhard Havekost was born in 1967 in Dresden, the son of a sculptor and a taxidermist. As a student of the renowned Dresden Kreuzschule, he sang with the Kreuzchor and participated in international concert tours until his voice changed. After graduating in the mid-eighties, he completed his training as a stonemason. Before the fall of the wall, Havekost fled from East to West Germany via Budapest in 1989. From 1991 to 1996, he studied painting at the Dresden Academy of Fine Arts, finishing his time as a master student of Ralf Kerbach. In 1995, he had his first solo exhibition in the gallery Gebr. Lehmann in Dresden. In the mid-nineties, he received a scholarship to go to Frankfurt, where he immersed himself in the techno club scene. Later, he moved to Berlin, where he lived and worked for the rest of his life. In 2010, Havekost was appointed Professor of Painting at the Düsseldorf Art Academy. His pictures have been exhibited in major German and international institutions and are represented in numerous institutional and private collections, including the Städel Museum in Frankfurt, the Museum of Modern Art in New York and the Tate Modern in London.
Havekost described painting as a hybrid form, defining it as an additive process in contrast to photography‘s cut-out frame. He understood painting as an “offer of rhythm” in which the dissolution of the rhythmic structure itself is revealed: “Painting engenders rhythm through its self-referentiality. It introduces an abstraction, namely a reduction in favor of the total picture. In painting, everything must be defined. An undefined space in photography must be defined in painting. Thus, an undefined space in painting must be redefined. Information is a transformation of reality or a structuring of reality. Every picture has a system contact. You can always infer from a single picture to a system. I don’t think that there are individual pictures.” Paintings held real significance for him, when they contained a “residual secrecy.” The subject, the motif of the image must, as he said in an interview “deliver something unknown, a charge that I cannot dissolve mentally.” Making pictures might have been a way to move closer to the mystery of reality – without deciphering it ultimately. The uncanny was made visible.
Eberhard Havekost died unexpectedly in Berlin on July 5, 2019 at the age of 51.